Dobersberg.Hermann Neubauer: Trotz „Blind Date“ der klare Topfavorit - außer…
Das stärkste Team, Thierry Neuville im Hyundai i20 N Rally1, fährt nicht in der Wertung. Somit ist Hermann Neubauer der Topfavorit - doch wenn er sich nicht im für ihn völlig neuen Citroen C3 Rally2 wohl fühlen sollte, wären die BRR-Piloten Peter Eibisberger oder Albert von Thurn und Taxis zur Stelle…
Wenn am kommenden Samstag (12. Oktober) sensationelle 106 Teams die Herbstrallye Dobersberg in Angriff nehmen, wird ein Team ganz besonders im Fokus des Interesses stehen: Das Hyundai Shell Mobis World Rally Team mit Thierry Neuville und Martin Wydaeghe in ihrem Hyundai i20 N Rally1 Hybrid - die belgischen WM-Leader bereiten sich auf die vorletzte Station der Rallye-Weltmeisterschaft, die Rallye Zentraleuropa vor. Via Rallye4you-Reglement (keine Wertung, aber SP-Zeiten) kommen die Fans der Herbstrallye Dobersberg in den Genuss, die weltweit höchste Rallye-Kategorie live in Action zu sehen. Satte 380 PS leistet der 1,6 Liter Turbomotor, dazu kommen 134 PS über die Hybrid-Einheit. Der fünffache Vize-Weltmeister wird mit Startnummer 201 nach dem „Nuller“-Fahrzeug losfahren…
Spontanes Kennenlernen mit dem E&S Citroen C3 Rally2
Nach einem weiteren „Nuller“ werden Hermann Neubauer und Ursula Mayrhofer das reguläre Feld einläuten - dass sie mit Startnummer 5 die Rallye bestreiten, liegt daran, dass bei Nennschluss noch nicht absehbar war, wer den ursprünglich von E&S Motorsport vorgesehenen Nicolay Gryazin ersetzen wird. Sehr kurzfristig also wurde der 36-jährige Salzburger von dem Freistädter Team rund um Rene Senegacnic aus der vorzeitigen Winterpause zurückgeholt. Für die Fans ist das ein Gewinn - schließlich waren es die Staatsmeister Hermann Neubauer und Simon Wagner, die in den letzten Jahren mit ihren oft engen Duellen für die nötige Würze an der ORM-Spitze gesorgt haben…
Bei der Herbstrallye zählen Neubauer/Mayrhofer ganz klar zu den Favoriten. Mehr noch - man könnte sagen: Rein „auf dem Papier“ wäre Neubauer so gut wie gesetzt für den Sieg. Aber: Hermann begibt sich am kommenden Wochenende auf komplettes Neuland. Und damit sind nicht nur die Sonderprüfungen der Herbstrallye Dobersberg gemeint - es ist auch der Citroen C3 Rally2, den er erst kennenlernen muss. Der Routinier erklärt: „Ich kenne den Ford Fiesta Rally2, ich kenne den Skoda Fabia Rally2 - doch jeder Automobilhersteller hat eine eigene Philosophie, eine eigene Denkweise darüber, wie er Autos baut. Da gibt es viele Gemeinsamkeiten, doch fahrwerkstechnisch gehen die Hersteller ihre eigenen Wege, mit individuellen Lösungen.“
Donnerstags-Test entscheidend: „Bombe“ oder lack of confidence
Die kurzfristige Kooperation zwischen Hermann Neubauer und E&S Motorsport basiert auf einem Austausch: „Ich lerne das Auto kennen, habe Zugriff auf die bisherigen Datenblätter - zugleich erhofft man sich auch gewisse Inputs von mir.“ Das erste Kennenlernen findet bereits am Donnerstag statt - bei einem Test. Für Hermann sind diese ersten Kilometer richtungsweisend: „Ob und wie sehr ich mich in diesem Fahrzeug wohl fühle, wird sich am Donnerstag weisen. Ich weiß noch, dass die ersten Kilometer im Fabia richtig schwer für mich waren. Der Hyundai hat mir gar nicht getaugt. Ich kann dir am Donnerstag sagen, ob ich das Auto ‚Bombe‘ finde. Wenn ich mich wohl fühle, sehe ich uns durchaus ganz vorne. Doch wenn man sich in einem Auto nicht wirklich wohl fühlt, verliert man das Vertrauen und damit auch wertvolle Zeit auf der Stoppuhr.“
Auch während der Rallye möchte Hermann Neubauer den Citroen quasi auf Herz und Nieren prüfen, um möglichst viele Erfahrungswerte einzusammeln: „Wir sehen die Rallye als kompletten Testeinsatz. Wir wollen sämtliche Reifentypen und auch aggressive Setup-Varianten ausprobieren. Da kann es auch sein, dass wir bei den Reifen eine Cross-Mischung fahren, die der SP-Zeit eigentlich weniger zuträglich ist.“
Wer „in die Presche springen“ könnte…
Darauf, und dass sich die Beziehung zwischen Neubauer und dem C3 nicht als „Bombe“ herauskristallisiert, können die Mitbewerber des Salzburgers hoffen. Wobei er diese keinesfalls unterschätzt: „Es sind starke Rally2-Teams am Start. Albert von Thurn und Taxis im Baumschlager Rallye Racing Skoda hat heuer eine gute Entwicklung gezeigt und wurde von Mal zu Mal schneller. Bei seinen letzten Rallyes ist er richtig schnell unterwegs gewesen.“
„Hermann hat mich zum Rallyesport gebracht, wir haben uns im Suzuki Motorsport Cup kennengelernt“, verrät Peter Eibisberger. Der von der Rundstrecke kommende Allrounder konnte bei der Herbstrallye bereits zweimal Platz zwei belegen, wechselte heuer zu Baumschlager Rallye Racing - rein „auf dem Papier“ wären also die Voraussetzungen für eine Platzverbesserung gegeben. Doch für eine Sieg-Ansage fühlt sich Eibisberger noch nicht bereit: „BRR ist ganz klar ein Spitzenteam, natürlich möchte ich eine schnelle Rallye fahren und ich kenne die Prüfungen bereits recht gut. Sagen wir so: Ich möchte einfach ein ähnlich gutes Ergebnis einfahren wie in Jahren davor.“
Auch Christoph Zellhofer war im Suzuki Motorsport Cup ähnlich siegreich wie Peter Eibisberger - er wechselt in Dobersberg wieder in den Ford Fiesta Rally2 von ZM Racing, wobei er die meisten Rallyes den Suzuki Swift Proto des Teams pilotiert: „Ich sitze einfach zu wenig im Rally2, um dieses Auto richtig nützen zu können. Für unser Team ist es halt auch wichtig, dass ich den Proto erfolgreich bewege.“ Daher möchte der Sohn von Max Zellhofer bei seinem zweiten Rally2-Einsatz in diesem Jahr kein Gesamtziel angeben: „Die Rallye ist stark besetzt und wir wollen einfach nur Erfahrungen sammeln und vernünftige SP-Zeiten fahren.“
Mit Martin Fischerlehner und Tobias Unterweger sind die Sieger der Herbstrallye 2019 am Start - zwar wird das Duo von Rallye ABST, dem exzellenten Team rund um Martin Kalteis betreut, doch in dem Mitsubishi Lancer Evo VII zählt der ehemalige Radrennfahrer wohl kaum zu den Sieg-Anwärtern. Für deftige Überraschungs-Zeiten ist er jedoch allemal gut - auch gegen die Rally2-Phalanx.
Bleiben noch die internationalen Gäste der Rally2-Kategorie - hier werden am ehesten dem Tschechen David Tomek im Skoda Fabia Rally2 evo schnelle SP-Zeiten zugetraut…
PS: Doch „nur“ drei Pilotinnen am Start
Ein Bonmot am Rande: Beim Ausfüllen des Nennformulars unterlief dem Team des Slowaken Matej Knapek ein Copy & Paste-Fehler. So wurde aus ihm „Suzanna Knapek“, seine Copilotin weist ebenfalls diesen Vornamen auf. Weil „Suzanna Knapek“ in keiner Statistik zu finden war, wurde aus „ihr“ eine Rallye-Debütantin - bis das Team den Fehler mitteilte und die Nennliste korrigiert wurde. Doch auch wenn „nur“ drei Pilotinnen bei der Herbstrallye Dobersberg an den Start gehen, ist das ein mehr als erfreuliches Zeichen. Es bleibt dabei: Die totale Girl-Power in Dobersberg.
Die Sieger der Herbstrallye Dobersberg 2015-2023
2023: Ott Tänak/Martin Järveoja Est/Est Ford Puma Rally1 Hybrid
2022: Jan Skala/Jiri Skorepa CZ/CZ Hyundai i20 N Rally2
2021: Gerald Rigler/Jürgen Heigl Ö/Ö Ford Fiesta RS WRC
2019: Martin Fischerlehner/Tobias Unterweger Ö/Ö Mitsubishi Lancer Evo 6.5
2018: Simon Wagner/Gerald Winter Ö/Ö Skoda Fabia R5
2017: Martin Fischerlehner/Tobias Unterweger Ö/Ö Ford Fiesta R5
2016: Gerald Rigler/Jürgen Heigl Ö/Ö Ford Fiesta RS WRC
2015: Franz Sonnleitner/Daniel Foissner Ö/Ö Mitsubishi Lancer Evo IX
LIVE Rallye Radio bei der Herbstrallye
Freitag, 11. Oktober 2024
19.30 Uhr Fahrer- und Fahrzeugpräsentation
Samstag, 12. Oktober 2024
09.00 Uhr Stimmen der PilotInnen nach SP2
11.30 Uhr Stimmen der PilotInnen nach SP4
15.05 Uhr Stimmen der PilotInnen nach SP6
17.35 Uhr Stimmen der PilotInnen vor dem Ziel
LIVE:
https://mixlr.com/rallye-radio-noir
Zum Nachhören:
https://mixlr.com/rallye-radio-noir/showreel
Text: Noir Trawniczek